Hohe Bracht 2005

Mission Impossible?

Nicht für uns. Trotz geschlossener, 20 cm hoher Schneedecke, eisigem Wind und zahlreichen Irrwegen haben wir unser Ziel erreicht. Den Beweis findet ihr auf den Bildern, die Story ist eigentlich das Ende einer Trilogie und hier zu finden.

Teil 1: Es geschah zu einer Zeit…

Es geschah zu einer Zeit, in der nur wahre Helden und Männer sich in die unwegsame rauhe Natur begeben. Sonntag den 13. Februar im Jahre des Herrn 2005, 9.30 Uhr.
Nach 4 Tagen der sintflutartigen Regenfälle hat ab den frühen Morgenstunden Schneefall eingesetzt. Gut so, denn so bleibt
einem der Anblick der wirklich bescheidenen Bodenverhältnisse erspart. Bei solch widrigen Wetterbedingungen reissen sich nur ganze Kerle morgens vom warmen schenkel der Angebeteten los, und brechen auf in die Wälder des südlichen Siegerlandes.

9.30: Eiserfeld Marktplatz, kein Arsch da!? Doch da kommt er – Sascha.

Schnell wird klar – heute traut sich sonst keiner. Es geht los an der katholischen Kirche vorbei auf den Eichert. Es ist nass und zäh wie Scheisse nach 20 guinness – nur eben weiss. Hinauf am Kaiserschacht vorbei zur Kreuzeiche. im großen Bogen (mit ein paar kleinen Gimmicks von Sascha 🙂 zum fusse des Kunstertales.
Lebensgefährliche Wasserdurchfahrt durch den örtlichen reissenden Wildbach. O-ton sascha: das hätten wir jetzt besser
nicht gemacht! Füsse nass – egal. Aufstieg zum Steimel. Schneefall setzt ein. Mehr, noch mehr Schneegestöber. Man
sieht die Hand nicht mehr vor Augen. Auf dem Steimel angekommen sieht man schemenhaft einen kleinen Schneepflug
der sich müht um den Gästeparkplatz frei zu bekommen. Der Fahrer blickt uns ungläubig und fassungslos an – wir ihn auch.
Ich muss die Brille absetzen, sehe nichts mehr.
Vom Steimel runter Richtung Römel, mein erster Sturz. Bergauf. Zu faul zum Schalten und einfach umgefallen. Besser jetzt als auf dem Rückweg (Meik weiss was ich meine :). Über den Römel auf den Pfannenberg. Sascha: ich schmecke es schon!

Jetzt auf dem schnellsten Weg zur Schränke. Märchenhafte Winterlandschaft und bergab treten. Grosses Ritzel – Fehlanzeige.
11 Uhr Ankunft schränke, Helme und Klamotten weiss – Bier gelb.

Das haben wir uns aber auch mal wieder richtig verdient. Abfahrt über die Strasse ins Tal. Ja – an so einem Tag werden
Helden geboren.

Fazit: man muss es mal erlebt haben – ihr habt was verpasst.

Teil 2: Wahre Helden fahren einsam

27.02.05 und keiner will fahren. na gut, dann eben alleine. Ich habe mich ja nicht aus dem Bett geschält für nichts. Super Sonne und ab gehts.
Oberhalb der Richerfeldschule gehts richtung Hubach. Aufstieg zur Eisernhardt. Ja, wenn man eine festgetretene Spur hat ist alles gut. Ungläubige Blicke von Rodelfahrern die das Rollfeld erklimmen. Halbe Höhe geht es dann rechts in den Wald Richtung Faule Birke – und das Drama beginnt.

Geeier und lustige kleine Stürze in den Tiefschnee. Nichts anmerken lassen – die Rodler könnten einen ja noch sehen. Das
muss halt so sein. Kleine Steigung – aus der Spur gekommen – Mist, schieben. Ein paar Wanderer trauen auch ihren Augen nicht so recht, aber immer freundlich grüßen.
Bis zur faulen birke geht es ganz gut. Der nächste Berg – schieben. Durch den Wald richtung Rödgen ist ein Auto gefahren.
gut für mich – es läuft. Traumhafte Aussicht bei den schneebedeckten Feldern oberhalb von Obersdorf. Wieder
zahlreiche lustige Abflüge. Ich quere die Straße Richtung Wilnsdorf.
Hier geht gar nix 🙁 schieben bis zur Anhöhe. der sonst nette Singletrail ist nur von wenigen begangen worden. runter läuft es,
aber die nächste Steigung kommt und schieben. Zwei nette Joggerinnen schauen mich mitleidig an und spenden mir
tröstende Worte. die Flachstrecke Richtung Höhwäldchen ist super zu fahren. Hier haben unzählige Füsse ganze Arbeit geleistet.
Vorbei am Sportpark über die Brücken – natürlich gefahren. Bei einem der lustigen Stürze hab ich mir wohl doch was am
Handgelenk eingefangen?!
Bis Wilnsdorf gekommen reicht auch, Abfahrt ins dorf. Durchs Industriegebiet Richtung Rinsdorf. Es schneit. Das kann es aber noch nicht gewesen sein. es geht noch was. In Eisern links ab den Berg hinauf Richtung Schränke. Alleine schmeckt ja
bekanntlich das bier nicht so gut, und deshalb will ich oben angekommen auch gleich rechts die Strasse in Richtung
Heimat und warmer Dusche.
Flöte gepfiffen! Da kommt mir doch beim Tennisheim ein fat tire flyer Trikot entgegen. Beinhart Söhngen will heimlich eine
Strasseneinheit einlegen. Pause und rein in die Schränke.
Vier große Durstlöscher und unsere Wege trennen sich wieder 🙂
Sascha nach rechts Richtung Herdorf, ich Richtung Heimat.
fazit – schöne winterlandschaft – aber scheisse zu fahren!
Ich sehe mehr als schwarz für die Hohe Bracht. Laut Wetterbericht sollen da in den nächsten Tagen noch so einige Zentimeter Neuschnee beikommen 🙁 Zum Wandern gut – zum Fahren Mist.

TEIL 3: DIE RUECKKEHR DER LOW-PRESSURE-KÖNIGE! (HOHE BRACHT-TOUR 2005)

Freitag, 11. März. Es schüttet wie aus Eimern und stürmt wie Hulle. Der Regen verwandelt sich im laufe der Nacht dann auch noch in Schnee. Beste Voraussetzungen also für die erste offizielle Vereinsausfahrt in 2005.

Samstag morgen, 12.03.05. Der Wecker reisst mich um 7 Uhr aus dem Schlaf. Wo bin ich? Warum muss ich aufstehen?
Ganz klar! Es muss ein weiteres Kapitel der Winterheldensaga geschrieben werden.
Es liegt Schnee. Wie wird es erst in den höheren Regionen der Tour aussehen?! Schnapsidee, total bescheuert und aehnliche vergleiche geistern durch mein noch nicht ganz waches Hirn. Ich schlüpfe im Zwiebelprinzip in unzählige Kleidungsstücke. Kleines Notfrühstück, jede Menge Klamotten zum wechseln (man soll ja auf seinen Guide hören) in den großen Rucksack – und los gehts.

8.15 Uhr, kein Mensch an dem vereinbarten Treffpunkt, Tankstelle Eiserfeld. Die werden mich doch nicht im Stich lassen, und mich alleine mit Wolle fahren lassen?! Keiner kommt. Ein paar Minuten später fahre ich dann los Richtung Siegen Bahnhof.
Als ich am stummen Loch die Straße verlasse und auf den Radweg einbiege, sehe ich Reifenspuren von zwei Rädern im Schnee. Also doch. Das können nur Bekloppte von uns sein! Im Fahrradabteil der Regionalbahn nach Hagen dann großes Hallo. Meik und Sascha warten schon auf die Abfahrt Richtung Eichen.

Hauptbahnhof Eichen. Wir treffen unseren Wolle, der sich auch Gedanken um den Sinn, oder besser Unsinn dieser Aktion macht. Nützt nichts. Los gehts. Die fanta 4 biegen oberhalb von Eichen in den Wald ein, und siehe da – es wird noch schlimmer wie gedacht.
Durch den Regen der vergangenen Tage ist die unterste Schneeschicht nass und glitschig wie Schmierseife. Die ersten
ungewollten seitlichen Fahrmanöver beginnen. Sonst schöne Singletrails sind unfahrbar – schieben ist angesagt.
Auf der Höhe angekommen werden wieder erste Fahrversuche unternommen. Die Reifen sinken in den Schnee wie sonst nur dünne Rennradpneus. Es wird mit allen Tricks gearbeitet. Luft wird aus den Hinterrädern abgelassen um eine grössere Traktionsfläche zu bekommen. Die Mythen „low-pressure-riding“ und „very-low-pressure-riding“ sind geboren und begleitet uns bis zur Hohen Bracht.

Es geht nicht wirklich besser durch diese Maßsnahme, aber manchmal hilft ja schon der Glaube daran. Bis zur Krombacher Höhe wollen wir es versuchen. Immer wieder Schiebepassagen und seitliches wegrutschen vom Feinsten. Durchdrehende Räder von schier unglaublicher Kraft angetrieben. Tiefste Winterlandschaft wie Scott und Amundsen sie erfahren haben müssen.
Auf einer Abfahrt probt Sascha dann noch den Abstieg über den Lenker. Nix passiert, zumindest ihm nicht. Wie sich später rausstellt, ist bei seinem Leicht-Racebike eine Speiche am Hinterrad gebrochen, und jetzt eiert es wie Sau.
Reiner Kampf mit den Elementen. Männer gegen Eis und Schnee. Schnell sind wir uns einig – ab Krombacher Höhe geht es nur über die Straße weiter! Aber noch sind wir nicht da.
Wir treffen auf den neuen Zubringer der HTS. Knietiefer Schnee ist ein prima Fahrradständer wie sich rausstellt. Wir stapfen einen Abhang hinunter und wollen unser Glück auf der neuen Trasse versuchen. Es geht sogar etwas besser voran. Eisplatten knacken unter den Reifen, aber wir kommen der Krombacher Höhe näher. Hier treffen wir auf die ersten ungläubigen Zeugen unseres Tuns in Form von Autofahrern.

Abfahrt über die Straße. Gesichtspeeling durch Schnee und Hagel. In Neuenkleusheim kommt die Gewissheit – uns wird wieder warm. Es geht 4 km bergauf zum Windrad. Der erste Gipfel ist erklommen. Frühstückspause in der örtlichen Schutzhütte in toller Winteridylle. Einige Passanten ziehen mit Wintersportgerät an uns vorbei.

Abfahrt Richtung Welchen-Ennest. Nasskalt, der Wind schneidet im Gesicht und dringt durch alle Zwiebelschichten Bikebekleidung. Wir fliegen bis nach Benolpe hinunter. Unser Wolle kommt ja prima im Wald zurecht, aber über die Strasse – keine Ahnung!
Hier vertrauen wir den Aussagen eines Wanderers, und suchen den Weg nach Bielstein. Es geht bergauf. Nette Menschen sagen uns: der Weg nach Bielstein ging da unten rein! OK. Wieder den Berg runter. Wie wir feststellen müssen, hat der gute Wandersmann uns einen Wanderweg nach Bielstein beschrieben. Ebenso unbefahrbar wie alles im Wald.

Das kann es nicht sein. Wir wollen wieder der Teerstrasse hinauf, und hoffen auf eine freie Auffahrt. Hier unternimmt Meik einen bösen Angriff auf die Moral der Truppe! Er will uns in die erstbeste Gaststätte am Ort einladen und eine Runde schmeissen. Als das nicht recht fruchtet erhöht er sein Angebot sogar noch auf zwei Runden. Die ersten überlegen
ernsthaft.
Nix da. Den Berg wieder rauf, und siehe da – es war nur eine Zufahrt zu den letzten versteckten Häusern. Berg wieder runter nach Benolpe. Es geht über Hofolpe, Kirchhundem über die Hauptstrasse nach Lennestadt. Der uns zuerst beschriebene Weg eines Ortsansässigen hätte uns Richtung Winterberg geführt. Kann nicht stimmen. Weiter gefragt. Jetzt endlich glauben wir den richtigen Weg zu kennen. Was tun? Unserem Zeitplan hinken wir schon hinterher.
Wir treffen einen Entschluss: der Berg ist unser! Wir stürmen die Hohe Bracht und sparen uns dafür die Rückfahrt über die Straße. OK. 2,5 km nette Steigung Richtung Bielstein. Es zieht sich! Bei manchem stellt sich auf der kurvigen Strecke hinauf ein Alp-d’Huez-Feeling ein.

Die erste Anhöhe ist erreicht – aber noch nicht die Hohe Bracht.

Die Hinweisschilder weisen uns den Weg zur Hohe Bracht und ins Skigebiet – Heute bestimmt nicht übertrieben. Noch einmal schrauben wir uns ca. 4 km bergauf zum Ziel unser Träume. Ich sehe den Turm – und keine drei Meter rechts von mir ist ein Skilift in Betrieb.
Oh shit – wir haben es wirklich getan. Noch ein paar mal um den Berg rum geht es nach oben und wir sind da.
Over the Top!
Wir machen noch ein paar Fotos die wir unseren Enkeln (und Euch) zeigen können. Winterlandschaft bei Sonnenschein, ein toller Ausblick, Erleichterung auf allen Gesichtern und Bärenhunger!

Wir lassen uns an unserem Stammtisch nieder. Der kleine Mann pfeift uns einen Willkommensgruß. Es ist 13 Uhr.
Wirre Getränkebestellungen bringen die Bedienung aus der Fassung, aber dafür beim Essen eine unisono, leicht zu merkende Sache: 4 mal Rinderkraftbrühe mit Einlage, und einen lecker Försterteller mit drei kleinen Steaks, Speckbohnen und schön fettigen Bratkartoffeln. Das brauchts jetzt! Bier schmeckt, und es wird eine kurzweilige gesellige Runde mit den üblichen haarsträubenden Geschichten.
Der kleine Mann pfeift gerade zum dritten mal, als wir uns dick vermummt wieder den Berg hinunter ins Tal stürzen.

Rein in den Zug, und ab Richtung Heimat. Wolle verlässt uns in Kreuztal. Wir fahren weiter bis nach Siegen, und dann
umsteigen Richtung Süden. Wir verlassen den Zug in Niederschelden, und hier trennen sich nun endgültig unsere Wege. Es setzt noch mal richtiges Schneetreiben ein. Klar – muss sein. Zuhause angekommen noch schnell das Salz vom guten Stück (Bike!) gewaschen, und ab unter die warme Dusche!

Tja ihr Lieben. Das war sie, die erste offizielle Vereinsausfahrt in diesem Jahr. Wir haben es uns nicht nehmen lassen, das scheinbar letzte richtige Aufbäumen des Winters mit Verachtung zu strafen. – Der Weg ist das Ziel.

Zahlenspiegel: Strecke ab Eichen 52 km, 1000 hm

Grüße
Balzi (mit Wolle, Sascha und Meik)

 

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